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Es werden Posts vom 2010 angezeigt.

Leistung

--> Der Begriff der Leistung in der Medizin ist ein merkwürdiger. Tatsächlich werden heute noch Rechnungen mit der Zeile überschrieben. "Für meine ärztlichen Bemühungen erlaube ich mir zu liquidieren". " Er hat sich bemüht" heißt im Zeugnis: durchgefallen, die Leistung wurde nicht erbracht So manche Therapie bleibt fruchtlos, trotzdem muss der Arzt bezahlt werden, schließlich hat er einen gewissen Aufwand betrieben, Zeit und Mühe eingebracht und Unkostern gehabt. Die Leistung an sich wird im Medizinbetrieb außer acht gelassen und keiner überprüft, ob jemand ein guter Arzt ist, in dem Sinne, dass er seine Patienten überwiegend erfolgreich und kostengünstig behandelt. Die "Leistung" im Medizinbetrieb wird in Katalogen abgebildet: GOÄ, EBM etc. Das heißt einzelne Schritte in der Diagnostik ...

Falschgeld

--> Der Überweisungsschein ist für den niedergelassenen Arzt bares Geld. Deswegen werden so viele wie möglich im Quartal gesammelt und möglichst alle ansetzbaren Leistungsziffern angegeben. Diese Geldscheine werden großzügig nach dem Gießkannenprinzip gestreut und häufig nicht korrekt ausgefüllt. Aufwändige Umtauschaktionen sind gang und gäbe. Dieser Unsinn war mir immer ein Dorn im Auge. Im Geldverkehr bekommt man eine Blüte nicht ersetzt und wer absichtlich welche verbreitet wird hart bestraft. Die Falschgeldkultur im Medizinbereich gehört zu den großen Kostenverursachern. Den Verantwortlichen ist das alles bekannt Wahrscheinlich kümmert sich niemand darum, weil die Strukturen so verworren sind.

Fax an Montgomery

Ein Patient wird von seinem Hausarzt zur Kernspintomografie überwiesen. Der Radiologe findet einen pathologischen Befund, den er aber nicht eindeutig interpretieren kann und empfiehlt, weil er an einen gutartigen Zufallsbefund denkt, eine Kontrolle in 3 Monaten. Diese Untersuchung wird auch gemacht, aber bei einem anderen Radiologen. Dieser sieht ebenfalls den fraglichen Befund, kann aber nichts entscheiden, weil er keine Vergleichsbilder hat. Der Hausarzt kann die Bilder selbst nicht lesen. Er schickt den Patienten in die Uni-Klinik, wo der Patient mit einem Teil seiner medizinischen Daten ankommt und schlechte Papierbilder mitbringt. Per Telefon und handschriftlicher Notiz wird das Notwendige besorgt und schließlich der Patient in einem längeren Gespräch beruhigt, weil alles harmlos ist. Ich schildere dieses Beispiel, weil diese und ähnliche Geschichten tausendfach vorkommen und das totale Chaos in der ambulanten Versorgung zeigt. Wenn man sich an einfachste Grundsätze und Spielrege...

Klassenmedizin

Klassenmedizin darf es nicht geben, heißt es. Die Zweiklassenmedizin ist gang und gäbe, wird kolportiert. Nach meiner Erfahrung haben wir die Vierklassenmedizin. 1. Der GKV Versicherte bekommt alles, was abrechenbar ist, zu gegebener Zeit. D.h. er bekommt kein längeres Aufklärungsgespräch, weil dies nicht bezahlt wird, er muss auf Termine warten und der Doktor kümmert sich nicht um die Organisation. Die überlässt er seinen Helferinnen. Auch unsinnige Behandlungen werden durchgeführt, wenn diese von der Kasse bezahlt werden. 2. Der Selbstzahler (der "Privatpatient") Alle Untersuchungen und Behandlungen werden zum Einsatz gebracht, zeitnah. D.h. Leistungen, die durch eine Kasse nicht ersetzt werden, können verordnet werden,wenn der Patient einverstanden ist. Also muss man mit ihm reden. Da das Geld unmittelbar und überschaubar fließt, ist der Doktor an vielen "Privaten" interessiert, d.h. er kümmert sich viel intensiver um sie. Im chirurgischen Bereich kenne ich son...

Fettsucht

Neulich las ich in der Zeitung, ein 350 kg schwerer Mensch sei bei Verdacht auf Herzinfarkt von der Feuerwehr mittels eines Krans aus seiner Wohnung geborgen worden und ins Krankenhaus gebracht worden. Gerettet! Gestern hat mich ein auch sehr wohlbeleibter Herr aufgesucht, mit dieser Geschichte: Er sei seit sieben Wochen durch seinen Hausarzt krank geschrieben. Er habe kein Gefühl in den Beinen und gehe zunehmend unsicher. Er habe sich bei verschiedenen neurologischen Praxen um einen Termin bemüht, aber keinen bekommen. Schließlich sei er selbständig in die neurologische Klinik gegangen, dort wurde gesagt, er soll ein MRT der Wirbelsäule machen. ( er kommt jetzt "notfallmäßig" mit den Bildern zu mir) In verschiedenen radiologischen Praxen konnte er nicht untersucht werden, weil er nicht ins Gerät ("die Röhre") passt. Er muss in ein offenes Gerät. Das ist keine Regelleistung und muss von der Krankenkasse genehmigt werden. Das Verfahren hat drei Wochen gedauert. Auf d...

Alptraum

Die Patientin hat schon lange und immer wieder ein Bauchgrimmen d.h. sie hat Beschwerden im Unterbauch und berichtet auch über einen unregelmäßigen Stuhlgang. Dabei ist sie wohlgenährt. Was der Hausarzt genau gemacht hat, weiß ich nicht, sicher ist, dass er eine Kernspintomografie des Bauches veranlasst hat. Der Untersucher sieht keine Auffälligkeiten. Er beschreibt aber Nebenbefunde: Wirbelkörperhämangiome und auch einen kleinen Tumor neben der Wirbelsäule, Höhe BWK 11, den er ein "Neurinom" nennt. Daraufhin wird die Patientin in der neurochirurgischen Klinik angemeldet. Da Patienten, die eine Tumorerkrankung haben eine Überweisung vom Neurologen haben müssen, wird sie auch von diesem gesehen. Er bescheinigt, dass sie neurologisch unauffällig ist und lässt den Dingen seinen Lauf. Ich sehe auf den Kernspinbildern nichts neurochirurgisch Relevantes: sie hat eine dicke Fettschicht rundum und auch im Bauchraum ist ist reichlich Fettgewebe vorhanden. Der Darm stellt sich kalibers...

Herztod

16.Juni 14.00 Hans Görgen, ein pensionierter Polizist, hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, nach dem Mittagessen eine Runde spazieren zu gehen. Heute wollte er den Weg zur Johanniskapelle nehmen. Der Gärtnerpark, eine kleine Parkanlage mit altem Baumbestand, einem Kriegerdenkmal und einigen Sitzbänken, lag vor ihm. Aus dem nahen Bahnhofsviertel strandeten oft Obdachlose hier und schliefen ihren Rausch aus. Auch Hundehalter waren insbesondere morgens und abends häufig anzutreffen. Beides schadete dem Ambiente. Von weitem sah er schon die zusammengekauerte Gestalt auf der Bank. Beim näher kommen passte die gute Kleidung und die fehlenden Utensilien: keine Plastiktüte, kein Einkaufswagen, keine leeren Flaschen, nicht zu einer Person, die ihren Rausch ausschlief. Es war eine Frau mittleren Alters. „Hallo“ rief er leise, dann etwas lauter. Keine Reaktion. Er stieß sie vorsichtig an und merkte, dass sie tot war. Er holte sein Handy aus der Tasche (das er zufällig dabei hatte) und wählte den...

Das Komplott

Claudia Büser (40) hatte eine Blitzkarriere hingelegt. Aus einem Arzthaushalt stammend, redegewandt, war sie schon in der Schule zur Sprecherin avanciert. Sie hatte zwar kein Einser, aber ein gutes Abitur gemacht und sich dann entschieden Jus und BWL zu studieren. Sie rechnete sich damit die besten Chancen aus. Schon nach dem Abi schloss sie sich einer großen, als konservativ geltenden Partei an. Ein ehemaliger Bürgermeister, der in der Nachbarschaft wohnte, hatte ihr schon einige Türen geöffnet. Beredsamkeit verbunden mit den erworbenen Qualifikationen, dazu ein Schuss Vitamin B machten schnell aus der Lokalpolitikerin eine Kandidatin für die große Politik. Mit 30 wurde sie in das Amt einer parlamentarischen Staatssekretärin berufen. Natürlich hatte die geforderte Frauenquote dabei auch eine Rolle gespielt. Weil sie mit ihrem Minister nicht zurecht kam wechselte sie einmal das Ressort, in der gleichen Position. Parteifreunde zu haben ist wichtig und gewählt werden ist auch ein Erforde...

Einweisung

Unter "Einweisung" ist ein kleines, rotes, von der KV herausgegebenes Formular gemeint, das eigentlich "Verordnung von Krankenhausbehandlung" heißt. Gesagt wird gerne "ich weise sie ein" bzw. "ich gebe ihnen eine Einweisung". Ob jemand ins Krankenhaus und wann er aufgenommen wird, entscheidet der Krankenhausarzt in Verbindung mit dem Patienten und sonst niemand. Von daher gibt es gar keine "Einweisung" außer es handelt sich um einen psychiatrischen Fall mit eigen- oder Fremdgefährdung. Merkwürdigerweise ist mir noch niemand begegnet, der dieses irreführende Wort moniert hätte. Hier wird aber möglicherweise eine falsche Erwartungshaltung erzeugt, die es dann wieder richtigzustellen gilt. Summa: das "Gesundheitsystem" schafft sich seine Probleme selbst.

eingrooven

Heute sprach ein Radiomoderator in einem 3. Programm, das fast ausschließlich klassische Musik bringt davon "wir hätten uns jetzt eingegroovt". Er meinte wohl "eingestimmt", fand dieses Wort aber zu antiquiert, denn er ergänzte: "so sagt man heute wohl". Um besonders aktuell zu sein, nahm er ein Wort aus der Jugendsprache, deutschte es ein und verwendete es falsch. Groovy heißt im amerikanischen soviel wie großartig. Jugendliche grenzen sich nun mal gerne ab, sprachlich und auch im Aussehen, das ist ganz natürlich. Die meisten Experimente scheitern. Irgendwann ist der Punk keiner mehr. Zu meiner Zeit wurde das Wort "leiwand", wienerisch für besonders gut, also groovy, abgewandelt zu "pannu", "prelu" oder "elefantös", Worte, die heute verschwunden sind. Heute sagt man "geil". Wir kannten dieses Wort in seiner ursprünglichen Bedeutung. Als Erwachsener sollte man nicht versuchen, die Jugend nach...